NEUE JUDIKATUR ZUM FAMILIENRECHT & WEITERE NEWS

Der Blog umfasst aktuelle Entscheidungen mit Auswirkungen auf die Arbeit im Familienrecht und nützliche Informationen.
Bei den wiedergegebenen OGH-Entscheidungen handelt es sich um wörtliche Zitate (teilweise ohne Belegstellen).

Kann einem Elternteil ohne anhängiges Verfahren über einen Obsorgeantrag die Ausreise mit dem Kind aus Österreich verboten werden?

02. Mai 2025|

In Auseinandersetzungen zwischen den Eltern kündigte der Vater an, das Kind in den Iran mitzunehmen. Daraufhin beantragte die Mutter, dem Vater zu verbieten, mit dem Kind aus Österreich auszureisen. Anträge auf Änderung der Obsorgeverhältnisse brachten die Eltern bei Gericht nicht ein. Im Mittelpunkt einer Entscheidung des OGH vom Jänner 2025 stand daher die Frage, ob ein gerichtliches Verbot der Ausreise mit dem Kind im Sinn des § 107 Abs. 3 AußStrG nur im Rahmen eines Obsorgeverfahrens erlassen werden darf oder ob § 181 Abs. 1 ABGB über gerichtliche Verfügungen im Fall einer Gefährdung des Kindeswohls durch obsorgeberechtigte Eltern eine geeignete Rechtsgrundlage für ein solches Ausreiseverbot bilden kann, wenn die Voraussetzungen für eine Maßnahme nach § 107 Abs. 3 AußStrG nicht erfüllt sind.

Die Eltern leben mit ihrer im Jahr 2018 geborenen Tochter gemeinsam in Wien. Diese ist iranische und deutsche Staatsangehörige. Mit der das Verfahren einleitenden Eingabe stellte die – zu diesem Zeitpunkt noch nicht anwaltlich vertretene – Mutter den Antrag, dem Vater zu verbieten, mit der gemeinsamen Tochter aus Österreich auszureisen.

Das Erstgericht stellte dazu – auf Basis der Angaben der Mutter – fest, dass sich die Eltern in einem Prozess der Trennung befänden. Die Mutter strebe die Scheidung an, ein Scheidungsverfahren sei aber noch nicht anhängig. Allerdings habe die Mutter im Iran gegen den Vater eine Klage mit dem Begehren eingebracht, dass dieser verpflichtet werden solle, ihr gemäß einem zwischen ihnen abgeschlossenen Ehepakt Goldstücke im Wert von mehr als 200.000 € auszufolgen. Der Vater habe im Zuge von Streitigkeiten der Mutter immer wieder gedroht, sie und das Kind in den Iran zu verbringen. Diese Drohungen seien zuletzt deutlicher und bestimmter geworden. Der Vater benutze diese Drohungen als Druckmittel gegenüber der Mutter, um seine eigenen finanziellen Forderungen durchzusetzen. Die Mutter besitze Vermögen im Iran, auf das sie nach Ansicht des Vaters zu seinen Gunsten verzichten solle. Der Vater sei im Iran gut verwurzelt und habe dort Vermögen sowie eine Stelle als Professor und seine Familie; es wäre ihm ein Leichtes, seine Drohungen in die Tat umzusetzen. Er habe dieses Szenario auch bereits mit seinen Freunden und mit seinem im Iran lebenden Bruder besprochen.

Das Erstgericht verbot dem Vater, mit dem Kind aus Österreich auszureisen (Spruchpunkt 1), und räumte diesem Beschluss gemäß § 44 Abs. 1 AußStrG die vorläufige Verbindlichkeit und Vollstreckbarkeit ein (Spruchpunkt 2).

Das Rekursgericht gab dem Rechtsmittel des Vaters teilweise Folge und änderte den angefochtenen Beschluss in dessen Spruchpunkt 1) dahin ab, dass dem Vater die Ausreise aus Österreich mit dem Kind vorläufig verboten werde.

Der OGH gab dem Revisionsrekurs des Vaters nicht Folge.

 

Aus der OGH-Entscheidung:

1. Gefährden die Eltern durch ihr Verhalten das Wohl des minderjährigen Kindes, so hat das Gericht nach § 181 Abs. 1 ABGB, von wem immer es angerufen wird, die zur Sicherung des Wohls des Kindes nötigen Verfügungen zu treffen. Besonders darf das Gericht die Obsorge für das Kind ganz oder teilweise, auch gesetzlich vorgesehene Einwilligungs- und Zustimmungsrechte, entziehen. Als gelindere Mittel gegenüber der Obsorgeentziehung ermöglicht § 181 Abs. 1 ABGB aber auch andere Anordnungen, wie Aufträge oder Auflagen an den Obsorgeberechtigten (RS0127236 [T6]). Reichen solche unterstützenden oder sichernden Maßnahmen nicht aus, können dem Obsorgeberechtigten bei einer Kindeswohlgefährdung als Beschränkung der Obsorge auch nur einzelne Rechte, etwa die in § 181 Abs. 1 ABGB genannten gesetzlich vorgesehenen Einwilligungs- und Zustimmungsrechte, entzogen werden. Das Gericht darf durch eine Verfügung nach § 181 ABGB die Obsorge stets nur so weit beschränken, als dies zur Sicherung des Wohls des Kindes nötig ist (§ 182 ABGB; 4 Ob 171/21g).

2. Nach § 107 Abs. 2 AußStrG kann das Gericht die Obsorge nach Maßgabe des Kindeswohls auch vorläufig entziehen. Nach dem Willen des Gesetzgebers hat das Gericht eine solche vorläufige Entscheidung nach § 107 Abs. 2 AußStrG schon dann zu treffen, wenn zwar für die endgültige Regelung noch weitergehende Erhebungen notwendig sind, aber eine rasche Regelung für die Dauer des Verfahrens Klarheit schafft und dadurch das Kindeswohl fördert. Die Voraussetzungen für die Erlassung vorläufiger Maßnahmen sind somit in dem Sinn reduziert, dass diese nicht erst bei akuter Gefährdung des Kindeswohls, sondern bereits zu dessen Förderung erfolgen dürfen (9 Ob 4/24i mit weiteren Nachweisen; RS0129538). Allerdings erfordert auch eine vorläufige Entziehung der Obsorge eine ausreichende Tatsachengrundlage und auch bei einer solchen Entscheidung ist äußerste Zurückhaltung geboten, weil auch eine vorläufige Entziehung der Obsorge einen Grundrechtseingriff bedeutet und eine Verhältnismäßigkeitsprüfung erfordert (9 Ob 4/24i m.w.N.; RS0129538 [T6, T7]).

3. Nach § 107 Abs. 3 AußStrG i.d.F. KindNamRÄG 2013 hat das Gericht die zur Sicherung des Kindeswohls erforderlichen Maßnahmen anzuordnen, soweit dadurch nicht die Interessen einer Partei, deren Schutz das Verfahren dient, gefährdet oder Belange der übrigen Parteien unzumutbar beeinträchtigt werden. Als derartige Maßnahmen kommen insbesondere das Verbot der Ausreise mit dem Kind (Z 4) und die Abnahme der Reisedokumente des Kindes (Z 5) in Betracht. Die in § 107 Abs. 3 AußStrG geregelten Maßnahmen dienen der Sicherung des Kindeswohls. Eine Gefährdung des Kindeswohls ist nicht Voraussetzung; ebenso wenig müssen die Maßnahmen ultima ratio zur Sicherung des Kindeswohls sein, sodass sie erst nach Ausschöpfung anderer Maßnahmen zulässig wären. Allerdings muss das Gericht auch hier den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz wahren. Die im Einzelfall angeordnete Maßnahme muss zur Sicherung des Kindeswohls erforderlich und geeignet sein. Außerdem darf der damit verbundene Eingriff in das Privatleben der betroffenen Person nicht außer Verhältnis zu der damit intendierten Förderung der Interessen des Kindes stehen (ErläutRV 2004 BlgNR 24. GP 39; 7 Ob 158/23w; 5 Ob 53/18g; RS0129700 [T1, T2]). Das Gericht hat derartige Maßnahmen – im Obsorge- oder Kontaktregelungsverfahren oder im Verlauf der zwangsweisen Durchsetzung bestehender Obsorge- oder Kontaktregelungen – bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen von Amts wegen anzuordnen; ein Antrag ist dafür nicht notwendig (7 Ob 158/23w; 5 Ob 53/18g).

4. Schon § 181 Abs. 1 ABGB bietet die Rechtsgrundlage dafür, dem Obsorgeberechtigten auch bloß einzelne konkrete Aufträge oder Auflagen zu erteilen (RS0127236 [T6]), wenn das Kindeswohl ein ganz bestimmtes Verhalten des Obsorgeberechtigten verlangt. Daran hat sich durch das KindNamRÄG 2013 nichts geändert. Mit § 107 Abs. 3 AußStrG wurde lediglich der Katalog der dem Pflegschaftsgericht zur Sicherung des Kindeswohls zur Verfügung stehenden Maßnahmen klargestellt und deutlich erweitert (ErläutRV 2004 BlgNR 24. GP 38). Die Voraussetzungen zur (gänzlichen oder teilweisen) Entziehung der Obsorge sind demgegenüber mit § 181 ABGB inhaltlich unverändert geblieben. Dem Pflegschaftsgericht steht in § 107 Abs. 3 AußStrG aber nunmehr eben (auch) ein gesetzlicher Katalog an Unterstützungs- und Sicherungsmaßnahmen zur Verfügung, (auch) um – als gelinderes Mittel – Entziehungsmaßnahmen nach § 181 ABGB zu verhindern (4 Ob 201/19s).

Den Gesetzesmaterialien zu § 107 Abs. 3 AußStrG ist nicht zu entnehmen, dass dieser Katalog an Unterstützungs- und Sicherungsmaßnahmen die Anwendung des § 181 ABGB einschränken sollte und vorläufige Entscheidungen oder anzuordnende Maßnahmen nur noch in dessen Anwendungsbereich zu erfolgen hätten. Nach dem Willen des Gesetzgebers sollen vielmehr bei inhaltlich unverändertem § 181 Abs. 1 ABGB mit der verfahrensrechtlichen Norm des § 107 Abs. 3 AußStrG (auch) materiell-rechtlich wirkende Eingriffe in die Persönlichkeits- und Obsorgerechte der Eltern ermöglicht werden (5 Ob 53/18g m.w.N.). Mit Blick auf die vom Rekursgericht in seiner Begründung für die Zulassung des Revisionsrekurses aufgeworfene Frage des Verhältnisses zwischen den Maßnahmen nach § 181 Abs. 1 ABGB und jenen des § 107 Abs. 3 AußStrG lässt sich somit als Zwischenergebnis festhalten: Maßnahmen nach § 107 Abs. 3 AußStrG setzen (nur) die Erforderlichkeit zur Sicherung des Kindeswohls, aber keine Kindeswohlgefährdung voraus; bei Vorliegen einer Kindeswohlgefährdung kommen diese Maßnahmen aber auch als gelindere Mittel im Sinn des § 181 Abs. 1 ABGB in Betracht (4 Ob 201/19s).

5. Maßnahmen nach § 107 Abs. 3 AußStrG müssen mit einem Verfahren über die Ausübung der Obsorge oder des Kontaktrechts im Zusammenhang stehen (RS0131142; RS0130780 [T1]); sie sind somit entweder in einem Obsorge- oder Kontaktregelungsverfahren (Erkenntnisverfahren) oder im Verlauf der zwangsweisen Durchsetzung bestehender Obsorge- oder Kontaktregelungen (Vollzugsverfahren) anzuordnen (5 Ob 100/23a; 4 Ob 225/16s). Das Rekursgericht geht davon aus, dass hier kein Obsorgeverfahren anhängig sei, weswegen Maßnahmen nach § 107 Abs. 3 AußStrG nicht in Betracht kämen. Dem ist jedoch nicht zu folgen.

Die Bestimmung des Aufenthalts des Kindes ist Teil der Ausübung der Obsorge (vgl. § 162 ABGB). Ein Verbot der Ausreise mit dem Kind beschränkt die diesbezüglichen Rechte des (mit-)obsorgeberechtigten Elternteils. In diesem Sinn führt der Gesetzgeber in den Materialien zu § 107 Abs. 3 Z 4 und 5 AußStrG aus, dass das Gericht durch ein Verbot der Ausreise mit dem Kind und die Abnahme der Reisedokumente des Kindes „auch als gelinderes Mittel zur Obsorgeentziehung“ der Verbringung des Kindes in das Ausland vorbeugen können soll (ErläutRV 2004 BlgNR 24. GP 39). Auch dieser misst also dem gerichtlichen Ausreiseverbot die Bedeutung bei, das Aufenthaltsbestimmungsrecht des (mit-)obsorgeberechtigten Elternteils als gelinderes Mittel im Vergleich zur Obsorgeentziehung einzuschränken (vgl. Beck, Kindschaftsrecht3 [2021] Rz 1402; Einberger in Schneider/Verweijen, AußStrG § 107 Rz 28).

Der Antrag der Mutter ist zwar seinem Wortlaut nach unmittelbar auf ein Verbot der Ausreise mit dem Kind und damit auf die Maßnahme des § 107 Abs. 3 Z 4 AußStrG gerichtet. Dieses Verbot beschränkt aber die Rechte des Vaters in Bezug auf die Aufenthaltsbestimmung und damit dessen Obsorgerecht insofern, als es der Ausübung dieser Rechte Grenzen setzt. Die mit diesem Begehren angestrebte Entscheidung im Sinn des § 9 Abs. 1 AußStrG ist daher dem Grunde nach die an die Voraussetzungen des § 181 Abs. 1 ABGB geknüpfte Teileinschränkung der Obsorge in Bezug auf das Aufenthaltsbestimmungsrecht (vgl. Einberger in Schneider/Verweijen, AußStrG § 107 Rz 28). Das damit eingeleitete Verfahren ist seinem Gegenstand nach ein Verfahren über die Obsorge im Sinn des § 107 AußStrG. Der von der Rechtsprechung für Maßnahmen nach § 107 Abs. 3 AußStrG geforderte „Zusammenhang“ mit einem solchen ist somit gegeben. Als weiteres Zwischenergebnis lässt sich daher festhalten: Das Verbot der Ausreise mit dem Kind bedeutet eine Beschränkung der mit der (Mit-)Obsorge verbundenen Rechte in Bezug auf die Aufenthaltsbestimmung. Gegenstand des durch einen unmittelbar auf die Anordnung dieser Maßnahme gerichteten Antrag eingeleiteten Verfahrens ist daher eine Teileinschränkung der Obsorge in Bezug auf das Aufenthaltsbestimmungsrecht. In diesem Verfahren kann das Ausreiseverbot – zufolge dieses „Zusammenhangs“ mit einem Obsorgeverfahren – auf der Grundlage des § 107 Abs. 3 Z 4 AußStrG erlassen werden.

6. Die Entscheidung, ob und welche Maßnahme zur Sicherung des Kindeswohls erforderlich ist und dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz entspricht, ist grundsätzlich von den Umständen des Einzelfalls abhängig. Ein Ausreiseverbot gemäß § 107 Abs. 3 Z 4 AußStrG darf das Gericht nur bei objektiven Anhaltspunkten für eine geplante Mitnahme des Kindes ins Ausland durch einen Elternteil und nach Prüfung der Verhältnismäßigkeit dieser Maßnahme anordnen. Der Eingriff in das Privatleben der betreffenden Person darf – insbesondere im Hinblick auf Art. 8 Abs. 1 EMRK – nicht unverhältnismäßig zu der damit beabsichtigten Förderung der Kindesinteressen sein. Es kommt nicht darauf an, dass diese Maßnahme die ultima ratio darstellt, die erst nach Ausschöpfung anderer Maßnahmen zulässig wäre (RS0129701).

Nach den Feststellungen des Erstgerichts bestehen hier objektive Anhaltspunkte für die „Verbringung“ im Sinn einer heimlichen und dauerhaften Verlegung des Aufenthalts des Kindes ins Ausland, zumal der Vater damit im Zuge des Trennungsprozesses bereits mehrfach (zuletzt deutlicher und bestimmter) gedroht hat. Dieses Vorgehen wäre ihm aufgrund seiner Verwurzelung im Iran auch leicht möglich. Das Rekursgericht ging weiters davon aus, dass das Kind mit seiner Verbringung in den Iran aus seinem gewohnten Umfeld gerissen und der Kontakt zur Mutter möglicherweise erschwert oder gar verhindert würde. Den Feststellungen des Erstgerichts lässt sich das zwar nicht ausdrücklich entnehmen, allerdings setzt der Vater diesen Schlussfolgerungen des Rekursgerichts in seinem Rechtsmittel nichts entgegen.

Nach Rechtsprechung des OGH kann eine heimliche und überraschende Übersiedlung ins Ausland, durch die das Kind aus seiner gewohnten Umgebung herausgerissen und der Kontakt zu einem Elternteil abgebrochen wird, das Kindeswohl gefährden (9 Ob 8/14p m.w.N.). Bei der vorliegenden Sachlage ist es daher zur Sicherung des Kindeswohls erforderlich, der angedrohten Verbringung des Kindes in den Iran durch ein Ausreiseverbot mit dem Kind vorzubeugen. Der vorläufige Verbleib des Kindes in Österreich ist dem Kindesinteresse förderlich; der damit verbundene Eingriff in das Privatleben ist verhältnismäßig. Der Vater zeigt nicht auf, welche berücksichtigenswerten Umstände das Interesse an einer Ausreise mit dem Kind vordringlich erscheinen lassen könnten. Die vom Vater angedrohte Verbringung des Kindes in den Iran ist vielmehr bloß Ausdruck der Verfolgung seiner eigenen Interessen im Trennungsprozess der Eltern. Im Spannungsverhältnis zwischen Elternrechten und dem Kindeswohl haben erstere naturgemäß zurückzutreten (6 Ob 160/14v; RS0048632 [T7]).

7. Das Rekursgericht hat – ausgehend von seiner Rechtsauffassung, Maßnahmen nach § 107 Abs. 3 AußStrG kämen nicht in Betracht, und im Widerspruch zu seinem Verständnis, es sei kein Obsorgeverfahren anhängig – schon die Zulässigkeit eines vorläufigen Ausreiseverbots nach den Voraussetzungen des § 181 ABGB i.V.m. § 107 Abs. 2 AußStrG geprüft und bejaht. § 181 ABGB setzt freilich das Vorliegen einer akuten Kindeswohlgefährdung voraus, wobei bei Beurteilung dieser Frage ein strenger Maßstab anzulegen ist (RS0048699; RS0047841). Vorläufige Maßnahmen dürfen zwar nicht erst bei akuter Gefährdung des Kindeswohls, sondern bereits zu dessen Förderung erfolgen. Aber auch dabei ist äußerste Zurückhaltung geboten, insbesondere erfordert auch eine solche Entscheidung eine ausreichende Tatsachengrundlage (9 Ob 4/24i mwN; RS0129538). Ob diese Voraussetzungen hier auf Basis der vom Erstgericht getroffenen Feststellungen tatsächlich angenommen werden könnten, kann aber im derzeitigen Verfahrensstadium dahin gestellt bleiben, weil die Voraussetzungen für eine Maßnahme nach § 107 Abs. 3 Z 4 AußStrG jedenfalls vorliegen. Auf den Umstand, dass das Rekursgericht dem Vater die Ausreise mit der Minderjährigen im Sinn einer einstweiligen Regelung vorläufig untersagte, muss aus Anlass seines Rechtsmittels nicht näher eingegangen werden. Der Revisionsrekurs ist daher im Ergebnis nicht berechtigt.

OGH 30.1.2025, 5 Ob 145/24w

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