Die §§ 81 ff EheG normieren einen Anspruch auf Aufteilung des ehelichen Vermögens, aber keinen Anspruch auf Auskunftserteilung über solche Werte. Ein Auskunftsanspruch kann sich daher nur aus Art. XLII Abs. 2 Fall 2 EGZPO – der im Aufteilungsverfahren analog anzuwenden ist – ergeben. In einer Entscheidung vom April 2024 erläutert der Fachsenat des OGH einmal mehr die Voraussetzungen für ein derartiges Auskunftsbegehren im Rechtsstreit über die Verteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse mit Bezug auf den Aufteilungsstichtag.
Aus der OGH-Entscheidung:
Die Antragsgegnerin wendet sich mit ihrem außerordentlichen Revisionsrekurs inhaltlich ausschließlich gegen die ihr von den Vorinstanzen im vorliegenden Aufteilungsverfahren analog zu Art. XLII Abs. 1 zweiter Fall EGZPO auferlegte (eidliche) Auskunftsverpflichtung. Eine erhebliche Rechtsfrage zeigt sie mit ihren Ausführungen allerdings nicht auf:
1. Die eheliche Lebensgemeinschaft ist schon dann aufgehoben, wenn bei einem Partner der Wille zum ehelichen Zusammenleben endgültig erloschen oder die geistig-seelische, körperliche und wirtschaftliche Gemeinschaft zwischen den Ehegatten aufgehoben ist; in einem solchen Fall gilt die eheliche Lebensgemeinschaft als aufgehoben, auch wenn eine bloß gemeinsame Wohnungsbenützung fortbesteht und keine darüber hinausgehende Gemeinschaft mehr zwischen den Ehegatten gegeben ist (RS0057316 [T2]).
Damit in Einklang haben die Vorinstanzen die Aufhebung der ehelichen Lebensgemeinschaft mit dem Zeitpunkt angesetzt, an dem die Antragsgegnerin durch die Eröffnung eines Bankkontos ganz konkret plante, hinter dem Rücken des Antragstellers eine Wohnung für sich und die gemeinsamen Kinder anzumieten und aus der ehelichen Wohnung auszuziehen. Entgegen der Meinung der Antragsgegnerin kommt es nicht darauf an, ob dem Antragsteller zu diesem Zeitpunkt auch erkennbar war, dass sie die endgültige Beendigung der Ehe anstrebte.
2. Voraussetzung für einen Anspruch auf Auskunftserteilung in analoger Anwendung des Art. XLII Abs. 1 zweiter Fall EGZPO ist, dass der konkrete Verdacht auf Verschweigen oder Verheimlichen von Vermögensgegenständen besteht. Die bloße Behauptung, der andere Ehegatte würde Vermögen verheimlichen, reicht nicht aus, sondern sie muss konkretisiert werden (RS0034823 [T8]; vgl. RS0113334). Zu detaillierte Auskünfte dürfen vom Auskunft begehrenden Ehegatten im Hinblick auf den Zweck des Auskunftsanspruchs aber nicht verlangt werden. Er hat so viele Tatsachen zu behaupten und zu bescheinigen, dass daraus die Wahrscheinlichkeit der Verschweigung bzw. Verheimlichung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse durch den anderen Ehegatten abzuleiten ist (RS0034823 [T5, T6]).
Nach dem festgestellten Sachverhalt hat die Antragsgegnerin im April 2021, „um die Finanzierung der [neuen] Wohnung vor dem Antragsteller zu verheimlichen“, zwei Konten eröffnet und den im Jahr 2019 erzielten Erlös aus dem Verkauf einer während aufrechter Ehe erworbenen Liegenschaft darauf überwiesen, ohne nachweisen zu können, dass diese Liegenschaft allein mit ihren vorehelichen Ersparnissen angeschafft worden wäre.
Soweit die Tatsacheninstanzen darin ein Verheimlichen oder Verschweigen eines der ehelichen Aufteilung unterliegenden Vermögens (nämlich des Erlöses aus dem Liegenschaftsverkauf; vgl. RS0130108) erblickten, das einen Anspruch auf Auskunftserteilung und Eidesleistung analog zu Art. XLII Abs. 1 zweiter Fall EGZPO rechtfertigt, ist dem nicht entgegenzutreten.
3. Die Bestimmungen der §§ 81 ff EheG normieren keinen Anspruch auf Rechnungslegung (RS0113334). Ein „Abrechnungsprozess“ über die finanzielle Gebarung beider Seiten über den gesamten Verlauf der Ehe ist im Verfahren über die nacheheliche Aufteilung nicht durchzuführen (RS0106019 [T4]). Die Auskunftspflicht analog Art. XLII Abs. 1 zweiter Fall EGZPO kann sich daher nur auf jenes der Aufteilung unterliegende Vermögen beziehen, das im Aufteilungszeitpunkt – Zeitpunkt der Auflösung der ehelichen Lebensgemeinschaft – noch vorhanden ist oder dessen Wert gemäß § 91 EheG in die Aufteilung einzubeziehen ist (zuletzt etwa 1 Ob 180/23m mit weiteren Nachweisen).
Entsprechend dieser (bereits vom Erstgericht berücksichtigten) Rechtsprechung ist der Spruch der erstinstanzlichen Entscheidung dahin zu verstehen, dass die Antragsgegnerin nicht nur zur Auskunft über die in ihrem Eigentum und Besitz befindlichen ehelichen Ersparnisse zum Zeitpunkt der Aufhebung der ehelichen Gemeinschaft verpflichtet ist, sondern darüber hinaus im Sinn des § 91 Abs. 1 EheG auch anzugeben hat, ob sich innerhalb des zweijährigen Zeitraums davor irgendwann höhere eheliche Ersparnisse in ihrem Eigentum und Besitz befanden. Ein unzulässiges Rechnungslegungsbegehren liegt darin nicht.
OGH 8.4.2024, 1 Ob 2/24m