Die Ehe eines erfolgreichen Unternehmers und seiner Ehefrau dauerte knapp 50 Jahre. Die Ehepartner leben seit dem Jahr 2013 getrennt, ihre Ehe wurde aus dem Verschulden des Mannes geschieden. Zum Aufteilungsvermögen gehören Liegenschaften und Ersparnisse. Von einer nachehelichen Vermögensteilung ausgenommen sind schon infolge der gesetzlichen Anordnung Werte, die zu einem Unternehmen gehören oder Anteile an einem Unternehmen sind, außer es handelt sich um bloße Wertanlagen. Für den Ausgang des vorliegenden Aufteilungsverfahrens wesentlich war die Frage, ob im Zuge der nachehelichen Aufteilung des Ehevermögens auch Beteiligungen des Mannes an Gesellschaften seiner Unternehmensgruppe sowie an eine Privatstiftung ausgeschüttete Gewinne – als eheliche Ersparnisse, allenfalls nach § 91 EheG zum Ausgleich von Benachteiligungen der Frau – zu berücksichtigen sind.

Aus der OGH-Entscheidung:

(…) Abgesehen von einer Erbschaft der Frau im Jahr 2007 in Höhe von 127.100 €, den Schenkungen der Eltern des Mannes an ihn und einer Erbschaft, die der Mann erhalten hat, stammt sämtliches Geld und sonstiges Vermögen der Parteien aus den Unternehmen des Mannes. Der Mann übernahm von Beginn an die Unternehmensphilosophie seines Vaters, Erträge des Unternehmens wiederum „unternehmerisch“ zu investieren. Eine Abhängigkeit von Banken sollte tunlichst vermieden werden. Die Frau wurde in unternehmerische Entscheidungen nicht eingebunden. (…)

 

1 Manifestationsbegehren:

1.1. Der OGH hat die analoge Anwendung des Manifestationsverfahrens im Rahmen eines Außerstreitverfahrens nach den §§ 81 ff EheG bejaht und ausgesprochen, dass im Aufteilungsverfahren (nur) der Anspruch auf Auskunftserteilung (analog zu Art XLII Abs. 1 zweiter Fall EGZPO) besteht und dass die Bestimmungen der §§ 81 ff EheG nur den Anspruch auf Aufteilung, nicht aber einen solchen auf Auskunft bzw. Rechnungslegung normieren (RS0106019 [T3]; RS0113334). Aufgabe des Aufteilungsverfahrens ist es, die vorhandenen ehelichen Ersparnisse und das eheliche Gebrauchsvermögen in billiger Weise unter den ehemaligen Eheleuten aufzuteilen. Dem Wesen des vom Grundsatz der Billigkeit beherrschten Aufteilungsverfahrens würde es widersprechen, wollte man den ehemaligen Ehepartner im Wege eines Manifestationsverfahrens zur Rechnungslegung möglicherweise über die gesamte Dauer der Ehe zwingen (RS0106019 [T1]). Unter Berufung auf die §§ 81 ff EheG kann daher auch ein Ehepartner den anderen nicht zur Auskunft über die (über Jahre gehende) Verwendung von im Laufe der Ehe erwirtschafteten Mitteln verhalten. Ein „Abrechnungsprozess“ über die finanzielle Gebarung beider Seiten über den gesamten Verlauf der Ehe ist im Verfahren über die nacheheliche Aufteilung nicht durchzuführen (1 Ob 112/18d [5.5.3.] = RS0106019 [T4]).

Eine zivilrechtliche Grundlage für eine Verpflichtung des Mannes zur Auskunftserteilung über die während der knapp 50 Jahre dauernden Ehe „entzogenen ehelichen Ersparnisse“, die Herkunft des Stiftungsvermögens von 1 Mio. ATS (das – nach den Feststellungen – aus ehelichen Ersparnissen stammt und bei der Aufteilung berücksichtigt wurde), über die Finanzierung der Anteile an der M Produktions GmbH, über Zuwendungen aus der Privatstiftung (nach den Feststellungen gab es keine), über (nachträgliche) Vermögenswidmungen an die Privatstiftung, die Zuwendungen an die Kinder und Enkelkinder (aus der Privatstiftung gab es keine), über allfälliges im Ausland veranlagtes Vermögen, über (allenfalls auch treuhändige) Beteiligungen des Mannes an in‑ und ausländischen Gesellschaften und zur Finanzierung des Erwerbs des Z‑Immobilienkomplexes, konnte die Frau nicht darlegen. (…) Der bloße Wunsch der Frau, vom Mann zahlreiche finanzielle Informationen zu erlangen, verpflichtet ihn nicht, ihr darüber Auskunft zu geben.

1.2. Soweit die Frau einen Anspruch auf Auskunftserteilung analog zu Art XLII Abs. 1 zweiter Fall EGZPO (Kenntnis vom Verschweigen oder Verheimlichen von Vermögen) behauptet, besteht dieser nicht zu Recht. Nach den Feststellungen des Erstgerichts hat der Mann kein – der ehelichen Aufteilung unterliegendes – Vermögen verheimlicht oder verschwiegen. (…) Hat aber der Mann sein gesamtes der Aufteilung unterliegendes Vermögen zur Gänze offengelegt, hat das Erstgericht das Manifestationsbegehren zutreffend abgewiesen. Da die Frau die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Auskunftserteilung analog zu Art XLII Abs. 1 zweiter Fall EGZPO nicht nachweisen konnte, braucht nicht geklärt zu werden, ob die Präklusivfrist des § 95 EheG auch für das Manifestationsbegehren gelten könnte. (…)

 

2 Das Stiftungsvermögen in der Aufteilungsmasse:

(…) 2.3. Nach den Feststellungen brachte der Mann in die 1995 gegründete Privatstiftung seine Aktien an einer Aktiengesellschaft seiner Unternehmensgruppe ein. Neben steuerlichen Erwägungen war Zweck der Gründung einerseits die Absicherung des Unternehmens (auch nach seinem Tod) und andererseits die Vermeidung der zu diesem Zeitpunkt sehr hohen Erbschaftssteuer. Er war alleiniger Stifter und widmete weiters – ohne Einverständnis der Frau – aus ehelichen Ersparnissen 1 Mio. ATS, die in der Stiftung nach wie vor als Barmittel vorhanden ist. Der Mann hat sich das Recht auf Änderungen der Stiftungs‑(zusatz‑)erklärungen und das Recht auf Widerruf vorbehalten. Begünstigte wurden noch nicht bestimmt. Im Herbst 1996 traten die beiden Töchter der Parteien ihren jeweils 10 %-igen Anteil an der Produktions GmbH der Unternehmensgruppe für einen Gesamtpreis von 33 Mio. ATS an die Privatstiftung ab. Eheliche Ersparnisse wurden für diesen Vorgang nicht verwendet. Die Privatstiftung beteiligte sich im Jahr 2003 an einer Produktions GmbH der Unternehmensgruppe mit 20 %. Im Frühjahr 2007 gründete die Privatstiftung eine Baubeschlag GmbH. Im Jahr 2009 trat der Mann seinen 80 %-igen Anteil an der (operativen) M Produktions GmbH an die Privatstiftung ab, was als Nachwidmung verbucht wurde. Der Mann hat bislang die in die Privatstiftung ausgeschütteten Gewinne (der Unternehmen) und Verkaufserlöse aus Unternehmensbeteiligungen unternehmerisch investiert und plant dies auch künftig. Er selbst bezog bislang aus der Privatstiftung keine „Gelder“.

2.4. Der Aufteilung unterliegen in der Regel nur jene Vermögensgegenstände, die zwischen der Eheschließung und der Auflösung der ehelichen Lebensgemeinschaft erworben oder verwendet wurden und zum Zeitpunkt der Auflösung der ehelichen Lebensgemeinschaft als eheliches Gebrauchsvermögen oder als eheliche Ersparnisse noch vorhanden sind, das heißt in der Verfügungsmacht eines der Ehepartner stehen. Werden Vermögensgegenstände, insbesondere ein Unternehmen oder Unternehmensanteile, in eine Privatstiftung eingebracht, stehen sie nicht mehr im Eigentum eines der Ehepartner, vielmehr ist die Privatstiftung, an der ja keine Anteile bestehen, selbst Eigentümerin. Grundsätzlich können die vermögensrechtlichen Folgen einer Scheidung durch den Transfer von der Aufteilung unterliegenden Vermögenswerten in eine Privatstiftung aber nicht vereitelt werden. (…) Nach § 82 Abs. 1 Z 3 EheG unterliegen Sachen nicht der Aufteilung, die zu einem Unternehmen gehören, und nach § 82 Abs. 1 Z 4 EheG unterliegen Anteile an einem Unternehmen nicht der Aufteilung, außer es handelt sich um eine bloße Wertanlage. Von § 82 Abs. 1 Z 4 EheG sind Anteile an Unternehmen generell erfasst, wie beispielsweise Aktien, Anteile an einer GmbH oder einer eingetragenen Personengesellschaft (RS0120076). Für die Ausnahme vom Grundsatz, dass Anteile an einem Unternehmen der Aufteilung nicht unterliegen, gilt: Einer Unternehmensbeteiligung kommt dann Wertanlagecharakter zu, wenn mit ihr keine Mitwirkung an der Unternehmensführung oder sonst ein maßgeblicher Einfluss auf das Unternehmen verbunden ist, wofür die bloße rechtliche Möglichkeit eines solchen Einflusses ausreicht, nicht also die tatsächliche Ausübung desselben erforderlich ist (RS0058277 [T3]; 1 Ob 132/14i [6.] mwN). Ein maßgeblicher Einfluss kommt jedenfalls dem Geschäftsführer einer GmbH (8 Ob 653/86) sowie dem Vorstand einer Aktiengesellschaft zu, sofern er über eine ausreichende Beteiligung verfügt.

Der Mann hat – abgesehen von der sogenannten „Stiftermillion“, die ohnehin in die Aufteilungsmasse einbezogen wurde – „nur“ Unternehmen bzw. Unternehmensanteile in die Privatstiftung eingebracht. Diese Unternehmen(‑santeile) wurden mit keinen ehelichen Ersparnissen gegründet oder finanziert. Denkt man den „Einsatz“ der Privatstiftung weg, wären diese Unternehmen und Unternehmensanteile von der Aufteilung ausgenommen. Eine Einbeziehung nach § 91 Abs. 1 und 2 EheG kommt mangels Vorliegens der dort geregelten Voraussetzungen nicht in Betracht, wurden sie doch nicht mit ehelichen Ersparnissen finanziert. Derartiges strebt die Frau auch nicht an. Sie meint allerdings, die an die Privatstiftung ausgeschütteten Unternehmensgewinne wären nach § 91 Abs. 1 EheG bei der Aufteilung zu berücksichtigen, weil sie ohne die Stiftungskonstruktion – als eheliche Ersparnisse – direkt an den Mann gelangt wären.

Erträge eines Unternehmens sind aber grundsätzlich unternehmenszugehörig und damit nach § 82 Abs. 1 Z 3 EheG der Aufteilung entzogen. Auch (thesaurierte) Gewinne, die im Unternehmen bleiben, sind nicht in die Aufteilungsmasse einzubeziehen. Erst mit der Umwandlung in Gebrauchsvermögen oder der Umwidmung in Ersparnisse gehören derartige Erträge – in der Regel als eheliche Ersparnisse – zur Aufteilungsmasse (RS0057713 [T1]; RS0057752). Voraussetzung für die Einbeziehung von Unternehmenserträgen in die nacheheliche Aufteilung ist daher eine Umwidmung; einer solchen Umwidmung könnte es in manchen Fällen gleichgehalten werden, dass die Unternehmen Erträge an die Privatstiftung ausschütten, die dort angespart werden, ohne dass sie wiederum in (Anteile an) Unternehmen oder in Sachen, die zu einem Unternehmen gehören (vgl. § 82 Abs. 1 Z 3 EheG), investiert würden. Dies käme grundsätzlich dann in Betracht, wenn sich der Stifter – wie hier – das Recht auf Änderung der Stiftungs‑(zusatz‑)erklärungen und das Recht auf Widerruf vorbehalten hat, könnte er sich dann doch das Stiftungsvermögen wieder zueignen (siehe nur 3 Ob 217/05s; 6 Ob 235/08i u.a.). Eine solche Umgehungsabsicht wurde jedoch nicht festgestellt. Vielmehr steht fest, dass der Mann als Stifter bislang (wie auch künftig) in die Stiftung ausgeschüttete Gelder und Verkaufserlöse aus Unternehmensbeteiligungen wiederum unternehmerisch investiert. Denkt man sich die Privatstiftung weg, wäre entgegen der Auffassung der Frau angesichts seiner festgestellten „Unternehmensphilosophie“ auch sonst keine (ins Gewicht fallende) Umwidmung der Erträge der Unternehmen zu privaten Zwecken bzw. zu ehelichen Ersparnissen erfolgt. Entweder hätte er die Gewinne bis zur Reinvestition in der jeweiligen Gesellschaft belassen oder anstelle der Privatstiftung eine von ihm beherrschte Holdinggesellschaft herangezogen. Damit stellt sich auch die von der Frau angesprochene Frage einer (wertmäßigen) Einbeziehung der Stifterrechte oder der Übertragung der Stifterrechte an sie, mit der sie Zugriff auf das vermeintlich (zumindest teilweise) bei der Aufteilung zu berücksichtigende Stiftungsvermögen erlangen will, nicht. Sie könnte, auch wenn der Mann etwa maßgeblicher Gesellschafter einer GmbH bzw. ausreichend beteiligter Aktionär einer Aktiengesellschaft – und damit wirtschaftlich betrachtet „der Unternehmer“ – wäre, im Rahmen der Aufteilung nicht darauf zugreifen. Daher steht der Frau aus behaupteten Erträgen, die die Unternehmen an die Privatstiftung ausschütteten, kein Ausgleichsanspruch zu.

OGH 2.3.2021, 1 Ob 14/21x