Gemäß § 95 EheG erlischt der Anspruch auf Aufteilung ehelichen Gebrauchsvermögens und ehelicher Ersparnisse, wenn er nicht binnen einem Jahr nach Eintritt der Rechtskraft der Ehescheidung durch Vertrag oder Vergleich anerkannt oder gerichtlich geltend gemacht wird. Nach Ablauf der Jahresfrist können die Parteien des Aufteilungsverfahrens nicht die Zuweisung weiterer, nicht rechtzeitig geltend gemachter Vermögensgegenstände verlangen. Die Frage der Festsetzung einer allfälligen Ausgleichzahlung nach § 94 EheG ist davon aber zu unterscheiden.   

Aus der OGH-Entscheidung:

Dass der Ablauf der Frist des § 95 EheG einer Aufteilungsentscheidung nur insoweit entgegensteht, als es um die Zuweisung von Vermögensgegenständen geht, die nicht innerhalb der Jahresfrist zum Gegenstand des darauf abzielenden Antrags gemacht wurden, hat der erkennende Fachsenat bereits mehrmals ausgesprochen. Die Frage der Festsetzung einer allfälligen Ausgleichszahlung gemäß § 94 EheG bzw. die Forderung einer solchen oder die Ausdehnung eines auf eine Ausgleichszahlung gerichteten Begehrens wird nach der gefestigten Judikatur des Fachsenats davon nicht berührt, handelt es sich doch beim – letztlich erst vom Gericht festzulegenden – Anspruch auf eine Ausgleichszahlung nicht um einen der Aufteilung unterliegenden Vermögensgegenstand, sondern vielmehr um ein Instrument, mit dem bei der realen Zuteilung (oder Belassung) des vorhandenen Vermögens verbleibende Unbilligkeiten ausgeglichen werden sollen. Bei der Festsetzung der Ausgleichszahlung ist aber grundsätzlich das gesamte nach den §§ 81 ff EheG der Aufteilung unterliegende Vermögen zu erfassen (RS0057583 [T15]; RS0109615 [T9]).

Von diesen Grundsätzen ging das Rekursgericht aus, ohne dass der Mann dazu eine Fehlbeurteilung aufzuzeigen vermag. Es erachtete seinen Einwand, wonach der Anspruch auf eine Ausgleichszahlung wegen der von der Frau zur Abdeckung der Schulden seines Einzelunternehmens geleisteten Beträge (vgl. § 91 Abs. 2 EheG) verfristet sei, für nicht berechtigt. Entgegen der Ansicht des Mannes im Revisionsrekurs wurden der Frau nicht „weitere, bisher nicht behauptete Vermögensgegenstände“ zugewiesen, sondern sie argumentierte nach Ablauf der Frist des § 95 EheG mit zwei Lebensversicherungsverträgen, die sie zur Abdeckung von Schulden des Unternehmens des Mannes verwendete, was bei Bemessung der Ausgleichszahlung zu berücksichtigen sei. (…)

Dass der Mann aufgrund seiner finanziellen Verhältnisse nicht in der Lage wäre, die begehrte und letztlich zuerkannte Ausgleichszahlung zu leisten, behauptet er erstmals im Revisionsrekurs. Dabei handelt es sich um eine unbeachtliche Neuerung (§ 66 Abs. 2 AußStrG). Zudem hätte er während der knapp zehnjährigen Verfahrensdauer Mittel ansparen können, damit es ihm leicht möglich ist, die (von Anfang an begehrte und schließlich auch zugesprochene) Ausgleichszahlung zu leisten (vgl. RS0057642).

OGH 20.10.2020, 1 Ob 74/20v