Die Frau arbeitete in Unternehmen des Mannes mit und kümmerte sich um das Kind, den Haushalt und den Garten. Er schenkte ihr einige Jahre vor der Trennung die Hälfte der von ihm in die Ehe eingebrachten Liegenschaft mit der Ehewohnung. Überdies schenkten die Ehepartner einander das dadurch hergestellte Hälfteeigentum an der Immobilie auf den Todesfall. Der Fachsenat des OGH nimmt in der Entscheidung vom Februar 2022 zu Aufteilungsquoten, zur (unterbliebenen) Einbeziehung der eingebrachten Ehewohnung in die Vermögensteilung, zur verpflichtenden Zurückstellung einer geschenkten Liegenschaftshälfte ohne Ausgleichsanspruch, zu aufteilungsrelevanten Steuerschulden, zur Abgrenzung zwischen unternehmerischen und privaten Verbindlichkeiten und zur Erheblichkeit vorehelicher Ersparnissen für die Aufteilungsentscheidung Stellung.

Die Streitteile haben einen im Jahr 1997 geborenen Sohn und schlossen im Juli 2003 die Ehe. Ihre eheliche Lebensgemeinschaft ist seit 24.7.2017 aufgehoben. Die Ehe wurde mit einem seit 26.9.2019 rechtskräftigen Scheidungsurteil aufgelöst; über das Verschulden liegt noch keine rechtskräftige Entscheidung vor.

Der Mann ist Alleingesellschafter und Geschäftsführer einer rund dreieinhalb Jahre vor der Eheschließung gegründeten GmbH. Überdies wurden von ihm während der Ehe zwei weitere Gesellschaften mit beschränkter Haftung gegründet. Die Frau arbeitete „in den Unternehmen“ des Mannes mit. Sie war „offiziell“ zuerst geringfügig und später Vollzeit bei einer der Gesellschaften angestellt. Ihre tatsächliche (auch für die anderen Gesellschaften erbrachte) Arbeitsleistung lag „unter dem offiziellen Anstellungsverhältnis“, wobei ihre Aufgaben über normale Bürotätigkeiten hinausgingen und beispielsweise auch die Bereiche Rohstoffeinkauf, Auftragsbeschaffung und -vergabe sowie Überprüfung von Verträgen und Überweisungen umfassten. Wichtige Vertragsabschlüsse oder finanzielle Entscheidungen lagen aber nicht in ihrer ausschließlichen Verantwortung. Aufgrund gesundheitlicher Probleme arbeitete sie (ab einem näher nicht festgestellten Zeitpunkt) unter Beibehaltung der unveränderten offiziellen Arbeitszeit nur mehr vormittags „im Unternehmen“, war aber zudem mit Unterstützung einer Haushaltshilfe für den gemeinsamen Haushalt, Garten und die Kindererziehung zuständig. Die Fixkosten des Hauses und der Einkauf wurden aufgeteilt; die jährlichen Sommer- und Winterurlaube wurden überwiegend vom Mann gezahlt.

Das im Zeitpunkt der Aufhebung der ehelichen Gemeinschaft vorhandene aufzuteilende Vermögen setzt sich aus der Liegenschaft mit der Ehewohnung samt Inventar, diversen Sparbüchern, dem Guthaben auf einem Girokonto, (dem Rückkaufswert zu) einer Lebensversicherung sowie einem Pkw zusammen.

Die Liegenschaft mit der fertiggestellten Ehewohnung wurde vom Mann lastenfrei in die Ehe eingebracht und während der Ehe um- und ausgebaut sowie „innen saniert“ (wobei der Mann einen höheren finanziellen Beitrag leistete). Im Jahr 2014 schenkte der Mann seiner Frau die Hälfte der Liegenschaft mit der Ehewohnung; die Streitteile räumten einander ein wechselseitiges Belastungs- und Veräußerungsverbot ein und schenkten einander überdies wechselseitig ihr (durch die „erste“ Schenkung hergestelltes) Hälfteeigentum auf den Todesfall.

Das Erstgericht machte mit seinem Beschluss diese Schenkung(en) rückgängig, indem es dem Mann den Hälfteanteil der Frau (und das Inventar im Haus) übertrug, das einverleibte Veräußerungs- und Belastungsverbot sowie die Schenkung des Mannes auf seinen Todesfall aufhob, ihm die Tragung der mit der Liegenschaft verbundenen Lasten sowie Verbindlichkeiten und der Kosten der grundbücherlichen Durchführung auftrug und zugleich die im Grundbuch durchzuführenden Eintragungen anordnete. Die Frau verpflichtete es zur Räumung binnen sechs Wochen. Neben der Zuweisung des sonst verbliebenen Vermögens (eines Pkw [an die Frau, die ihr davor zugekommenen Werte in Höhe von 110.000 € schon verbraucht hatte] und der Werte auf Sparbuch, Girokonto und „sonstige Ersparnisse“ [an den Mann]) erlegte es dem Mann – auf Basis eines Aufteilungsschlüssels 1:1 – eine Ausgleichszahlung von 223.500 € auf.

Das Rekursgericht reduzierte die Ausgleichszahlung auf 188.500 €.

Der OGH gab dem außerordentlichen Revisionsrekurs der Frau Folge und hob die Beschlüsse der Vorinstanzen zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung auf.

Aus der OGH-Entscheidung:

(…) 3. Bei der Aufteilung ist (in quantitativer Hinsicht) in erster Linie und hauptsächlich auf das Gewicht und den Umfang des Beitrags jedes Ehegatten Bedacht zu nehmen (§ 83 Abs. 1 EheG; RS0057923). Eine Aufteilung im Verhältnis 1:1 entspricht bei in etwa gleichwertigen Beiträgen regelmäßig der Billigkeit, wenn nicht gewichtige Umstände im Einzelfall die Aufteilung in einem anderen Verhältnis angezeigt erscheinen lassen (vgl. RS0057501 [T3]; 1 Ob 148/19z; 1 Ob 6/21w). Auch wenn die Führung des gemeinsamen Haushalts, die Pflege und Erziehung gemeinsamer Kinder sowie jeder sonstige eheliche Beistand als Beitrag zur Schaffung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse zu werten sind (§ 83 Abs. 2 EheG; RS0057651; RS0057969), gelingt es der Frau nicht nachvollziehbar zu machen, warum ihr deutlich geringerer finanzieller Beitrag zusammen mit der (mit Unterstützung einer Haushaltshilfe) erbrachten Haushaltsführung und der Betreuung des Sohnes im Vergleich zu dem weit größeren beruflichen Einsatz und finanziellen Beitrag des Mannes (etwa beim Um- und Ausbau des Hauses oder der Ansammlung von Ersparnissen) doppelt so hoch zu gewichten sein sollte (vgl. auch RS0057651 [T2]). (…)

5. Die von der Frau begehrte Zuweisung der Liegenschaft mit der Ehewohnung kommt nicht in Betracht:

Die Liegenschaft wurde vom Mann in die Ehe eingebracht, sie hat während der Ehe keine überwiegende Wertsteigerung erfahren und es liegt keine der Voraussetzungen nach § 82 Abs. 2 EheG vor, die zu ihrer gänzlichen Einbeziehung führen könnten. Weder wurde ihre Einbeziehung vereinbart (§ 82 Abs. 2 erster Fall EheG), noch ist die Frau auf ihre Weiterbenützung zur Sicherung ihrer Lebensbedürfnisse angewiesen (§ 82 Abs. 2 zweiter Fall EheG) oder hat ein gemeinsames Kind an ihrer Weiterbenützung einen berücksichtigungswürdigen Bedarf (§ 82 Abs. 2 dritter Fall EheG). Der Sohn der Parteien, der eine eigene Einliegerwohnung im Haus bewohnt, ist bereits volljährig (s 1 Ob 205/20h mwN); selbst wenn er noch unterhaltsberechtigt sein sollte, hätte er grundsätzlich keinen Anspruch auf Wohnversorgung in einer bestimmten Wohnung als Naturalunterhalt (vgl. 1 Ob 26/11x und 1 Ob 73/19w; s auch RS0122680). Die Frau ist aufgrund ihres Einkommens (von 1.680 € netto 14-mal jährlich) in der Lage, sich eine anderweitige Wohnmöglichkeit zu finanzieren (s RS0058370 [T6, T9]). Das aktuelle Fehlen einer anderen Wohnmöglichkeit erfüllt für sich allein den Tatbestand des § 82 Abs. 2 Satz 1 zweiter Fall EheG noch nicht (s RS0058355), sondern bedürfte es dafür einer existentiellen Bedrohung, etwa in Gestalt einer drohenden Obdachlosigkeit (RS0058357 [T6]; RS0058370; RS0058382 [T1, T2]).

Die Liegenschaftshälfte des Mannes ist damit gar nicht in die Aufteilung einzubeziehen, sondern es unterliegt überhaupt nur der der Frau geschenkte (Hälfte-)Anteil in natura (vgl. 1 Ob 208/19y; 1 Ob 10/18d; 1 Ob 86/20h; 1 Ob 6/21w) und die Wertsteigerung der Liegenschaft durch Um- und Ausbau mit ehelichen Mitteln wertmäßig der Aufteilung. Dass der Gegenstand einer Schenkung dem schenkenden Ehegatten grundsätzlich (soweit der beschenkte Ehegatte – wie hier – nicht behauptet und bewiesen hat, dass ausnahmsweise eine Schenkung aus vom Bestand der Ehe unabhängiger Freigiebigkeit vorliegt) ohne Ausgleich zurückzustellen ist (RS0113358 [T5]; RS0115775 [T2]), entspricht der ständigen Rechtsprechung des Fachsenats (zuletzt 1 Ob 6/21w; zur Begründung siehe RS0033063 [T1]). (…)

6.1. Beide Vorinstanzen zogen vom Gesamtwert der Aufteilungsmasse den im Zeitpunkt der Aufhebung der ehelichen Gemeinschaft am Verrechnungskonto des Mannes (als Gesellschafter) bestehenden Negativsaldo von ungefähr 40.900 € sowie die zu diesem Zeitpunkt bestehenden Verbindlichkeiten an Einkommenssteuer und offenen Sozialversicherungsbeiträgen in Höhe von insgesamt rund 19.800 € ab. Die Frau steht auf dem Standpunkt, diese Beträge hätten allesamt nicht zugunsten des Mannes berücksichtigt werden dürfen.

6.2. Bei der den Zeitraum bis zur Aufhebung der ehelichen Gemeinschaft betreffenden (und in den Jahren 2018 und 2019 „nachgezahlten“) Steuerbelastung und den Beiträgen zur Sozialversicherung der gewerblichen Wirtschaft handelt es sich – entgegen der Ansicht der Frau – um (keine frei gewählten Ausgaben, sondern um) gesetzliche Abgaben, die das auf eine Periode vor Aufhebung der ehelichen Gemeinschaft entfallende Einkommen des Mannes verringern. Der Mann hebt in der Revisionsrekursbeantwortung zutreffend hervor, dass bei unselbstständigen Erwerbstätigen (in der Regel von Vorneherein) nur das nach Abzug von Lohnsteuer und Sozialversicherungsbeiträgen verbliebene Nettoeinkommen zur Bildung von ehelichen Ersparnissen oder Gebrauchsvermögen herangezogen werden kann und Gleiches für selbstständig Erwerbstätige gelten müsse, die allenfalls Einkommenssteuer oder Sozialversicherungsbeiträge der gewerblichen Wirtschaft nachzuzahlen hätten. Wären diese – das Einkommen für einen Zeitraum noch während der aufrechten ehelichen Lebensgemeinschaft betreffenden – gesetzlich vorgeschriebenen Beträge früher beglichen worden, hätte sich das damalige Einkommen des Mannes reduziert, sodass sich auch die in dieser Zeit geschaffenen Ersparnisse verringert hätten. Es hat daher hier beim Abzug von der Aufteilungsmasse zu bleiben.

6.3. Die Frau wendet sich aber zu Recht dagegen, dass – auf Basis der bisherigen Feststellungen – auch der im Zeitpunkt der Aufhebung der ehelichen Gemeinschaft bestehende Negativsaldo auf dem Verrechnungskonto (in Höhe von ca. 40.900 €) bei der Aufteilung zu Gunsten des Mannes berücksichtigt wurde. Bei dieser Forderung der Gesellschaft gegenüber dem Mann kann ohne weitere Feststellungen nicht beurteilt werden, ob diese Schulden der unternehmerischen Tätigkeit des Alleingesellschafters zuzuordnen sind oder ob sie mit der privaten Lebensführung zusammenhängen und es sich dabei (im Sinne des § 81 Abs 1 Satz 2 EheG) um Schulden handelt, die mit dem ehelichen Gebrauchsvermögen und den ehelichen Ersparnissen in einem inneren Zusammenhang stehen (vgl. RS0131955; RS0132149). Nur dann, wenn diese Verbindlichkeiten deshalb entstanden, weil damit aus dem Privatvermögen zu bestreitende Kosten und Aufwendungen getragen wurden, ist der Schluss zulässig, dass sich sonst (bei Vermeidung des Entstehens einer Forderung der Gesellschaft in dieser Höhe) die ehelichen Ersparnisse verringert hätten. Die Frau hat dazu vorgebracht, dass es damals billiger gewesen wäre, von Mitarbeitern der Gesellschaft genutzte Mobiltelefone nicht auf das Unternehmen anzumelden, sondern auf den Antragsteller selbst und darüber hinaus mit diesen Mitteln auch eine Ablebensversicherung bedient worden sei, weswegen es sich um die Gesellschaft betreffende Ausgaben handle. Dem widersprach der Mann und behauptete, es seien diese Verbindlichkeiten auch dadurch entstanden, dass aus diesen Mitteln Aufwendungen des täglichen Lebens der Familie bezahlt worden seien. Die Ablebensversicherung sei dem Privatbereich zuzurechnen, weil sie einen unternehmerischen Kredit im Todesfall abdecken hätte sollen, sodass die Frau und der gemeinsame Sohn als Erben mit dem unternehmerischen Kredit nicht mehr belastet gewesen wären.

Seine Behauptung in der Revisionsrekursbeantwortung, es sei „Fakt“, dass der Negativsaldo am Verrechnungskonto durch eheliche Aufwendungen entstanden sei, findet keine Deckung im festgestellten Sachverhalt. Es ist dazu vielmehr eine Verbreiterung des Sachverhalts nach Erörterung mit den Streitteilen notwendig. Vom Mann wird darzulegen sein, in welchem Umfang der im Zeitpunkt der Aufhebung der ehelichen Gemeinschaft bestehende Negativsaldo auf die Deckung von Kosten des täglichen Lebens der Familie zurückgeht und dadurch höhere eheliche Ersparnisse gebildet werden konnten. Schulden, die aus der Deckung der Ablebensversicherung entstanden, wären nicht als konnexe Schulden anzusehen, weil sie lediglich der Abdeckung des unternehmerischen Kredits gedient hätten und nicht ersichtlich ist, inwieweit sie zur Erhöhung der ehelichen Errungenschaft beigetragen haben.

7. Zuletzt ist auf den Abzug von 70.000 € aufgrund von eingebrachten Ersparnissen des Mannes und darauf, dass zum Vorbringen der Frau zu von ihr eingebrachten oder von dritter Seite zugewendeten Mitteln noch (klare) Feststellungen fehlen, einzugehen. (…)

Feststellungen zur Einbringung vorehelicher Ersparnisse oder zu Zuwendungen Dritter sind zwar nur dann entscheidungserheblich, wenn diese Mittel noch in einem Vermögensgut (mit bestimmtem Wert) fortwirken, allerdings stellte des Erstgericht auch zu den vorehelichen Ersparnissen des Mannes bloß fest, dass er 70.000 € an Ersparnissen mit in die Ehe gebracht hat. Das Rekursgericht schloss aus den Ausführungen des Erstgerichts im Rahmen seiner rechtlichen Beurteilung (es könne, weil die Ehewohnung künftig ohnehin im Eigentum des Antragstellers stünde, der Wert des „in die ursprüngliche Ehewohnung eingebrachten [70.000 €] [ungeachtet der nicht vorhandenen Wertänderung] nicht neuerlich abgezogen werden“), dass diese vorehelichen Mittel des Mannes in die „Ehewohnung eingebracht“ wurden, und zog diesen Betrag von der Aufteilungsmasse ab. Der Mann hat aber bisher Behauptungen zur Verwendung seiner vorehelichen Ersparnisse von 70.000 € (oder deren Vorhandensein in bestimmter Form im Zeitpunkt der Aufhebung der ehelichen Gemeinschaft) nicht aufgestellt; eindeutige Feststellungen fehlen. Auch die Frau hat bislang zu den von ihr angeblich weiteren 38.000 €, die sie von Großmutter und Mutter nach der Eheschließung erhalten haben soll, nur dargetan, diese Zuwendungen von dritter Seite seien ihr alleine zuzurechnen und es habe „ihr daher auch aus den ehelichen Ersparnissen eine Wertverfolgung zuzukommen“, womit auch ihrerseits ein der Überprüfung zugängliches Vorbringen zu Verwendung und wertmäßigem Fortwirken der Mittel fehlt.

Mit beiden Parteien wird im weiteren Verfahren zu erörtern sein, in welcher Form die eingebrachten Ersparnisse von 70.000 € des Mannes und die behauptetermaßen weiteren (geschenkt) erhaltenen Beträge von 18.000 € und 20.000 € (von der Großmutter und Mutter) im Zeitpunkt der Aufhebung der ehelichen Gemeinschaft noch (in welchem Vermögensgut und mit welchem Wert) weiter bestanden haben sollten. Erst auf Basis der zu diesem Themenkomplex noch zu treffenden weiteren Feststellungen kann beurteilt werden, ob tatsächlich, wie vom Rekursgericht vorgenommen, voreheliche Ersparnisse des Mannes in Höhe von 70.000 € (und allenfalls ein Betrag zu Gunsten der Frau) von der Aufteilungsmasse abzuziehen und den Streitteilen jeweils vorweg zuzuweisen wären. (…)

OGH 21.2.2022, 1 Ob 230/21m