Bei einer Unterhaltsfestsetzung für die Vergangenheit sind alle Geld- und Naturalleistungen mit Unterhaltscharakter vom (errechneten) tatsächlichen Unterhaltsbetrag in Abzug zu bringen. Nur der Restbetrag ist als Unterhaltsrückstand zuzusprechen. Gilt dies auch für Unterhaltszahlungen, die der unterhaltspflichtige Ehepartner unter Vorbehalt der späteren Rückforderung im Fall seines Obsiegens im Unterhaltsprozess geleistet hat? In seiner Entscheidung 4 Ob 88/25g klärte der OGH diese wichtige Frage.
Aus der OGH-Entscheidung:
Das Berufungsgericht verneinte einen Geldunterhaltsanspruch der Klägerin nicht generell, sondern im Hinblick auf die laufenden Zahlungen des Beklagten bloß eine Verletzung der Unterhaltspflicht, und wies deswegen die Klage ab.
Bei einer Unterhaltsfestsetzung für die Vergangenheit sind nach der Rechtsprechung alle Geld- und Naturalleistungen mit Unterhaltscharakter in Anschlag zu bringen und vom (errechneten) tatsächlichen Unterhaltsbetrag in Abzug zu bringen. Nur dieser Rest ist in einem Gesamtbetrag als rückständiger Unterhalt zuzusprechen (vgl. 10 Ob 58/13x). Die Verurteilung des Unterhaltspflichtigen zu künftigen Unterhaltsleistungen hat eine bereits eingetretene oder zumindest drohende Verletzung des Unterhaltsanspruchs des Unterhaltsberechtigten zur Voraussetzung (RS0047184, RS0041109). Wenn der Unterhaltspflichtige seinen Unterhaltspflichten freiwillig nachkommt, ist kein Exekutionstitel zu schaffen (RS0102134 [T3]).
Die Revision der Klägerin stellt sich auf den Standpunkt, dass die Unterhaltszahlungen des Beklagten nicht schuldbefreiend gewesen seien, weil er sie unter dem Vorbehalt der späteren Rückforderung (für den Fall der Verneinung eines Rechtsanspruchs durch das Gericht) geleistet habe. Dies sei im Unterhaltsrecht unzulässig, könne der Berechtigte diesfalls doch die erhaltenen Beträge nicht verbrauchen.
Eine Schuld erlischt im Allgemeinen selbst dann durch die Zahlung, wenn die Rückforderung vorbehalten wird (vgl. RS0112195). Die Revisionsbehauptung, nicht oder nicht zur Gänze zustehender Geldunterhalt sei anders zu beurteilen, weil er nicht zurückgezahlt werden müsse, baut auf einer unzutreffenden Prämisse auf. Nach der Rechtsprechung des OGH kann ohne Rechtsgrundlage gezahlter Unterhalt (nur) dann mangels echter Bereicherung nicht zurückgefordert werden, wenn er gutgläubig verbraucht wurde; gerade dem soll der – auch im Unterhaltsrecht zulässige – Vorbehalt vorbeugen (vgl. 1 Ob 48/14m, 10 Ob 58/13x; RS0033609 [T4], RS0033874, RS0033885, RS0033612). Ebenso kann einstweiliger, jedoch ohne Bestehen eines gesetzlichen Anspruchs gezahlter Unterhalt zurückgefordert werden (nach der Rechtsprechung ebenfalls bei Schlechtgläubigkeit und nicht gemäß § 394 EO, vgl. RS0114707, RS0116947). Das Streitbereinigungsbedürfnis kann schließlich der Gläubiger durch eine Klage auf Feststellung befriedigen, dass er dem Schuldner keine Rückgabe schulde (vgl. 8 Ob 123/08h).
Die Rechtsansicht des Berufungsgerichts, sämtliche (der Höhe nach unstrittige) Zahlungen des Beklagten seien ungeachtet des Vorbehalts auf seine Unterhaltsschuld anzurechnen, ist sohin nicht korrekturbedürftig.
Soweit es den laufenden Unterhalt betrifft, lässt die Revision jegliche Auseinandersetzung mit der Rechtsprechung zum rechtlichen Interesse an dessen gerichtlicher Festsetzung im streitigen Ehegatten-Unterhaltsverfahren vermissen. Ein solches kann im Einzelfall zwar selbst dann bestehen, wenn der Beklagte mit Unterhaltsleistungen nicht säumig war (vgl. RS0037998, RS0038005). Hier geht die Revision jedoch nicht auf die Überlegung des Berufungsgerichts ein, dass die Klage mangels Unterhaltsverletzung abzuweisen sei, sondern will lediglich die Anrechnung unter Vorbehalt geleisteter Zahlungen verhindern. Eine Unvertretbarkeit der Berufungsentscheidung oder sonst eine erhebliche Rechtsfrage wird damit nicht dargetan.
OGH 11.9.2025, 4 Ob 88/25g