Nach § 55 Abs. 2 EheG ist dem Scheidungsbegehren auch nach einer mehr als drei Jahre dauernden Aufhebung der häuslichen Gemeinschaft auf Antrag des beklagten Ehepartners nicht stattzugeben, wenn der Ehepartner, der die Scheidung begehrt, die Zerrüttung allein oder überwiegend verschuldet hat und den beklagten Ehepartner die Scheidung härter träfe als den klagenden Ehepartner die Abweisung der Scheidungsklage. Die Härteklausel ist allerdings auch nach einer neuen Entscheidung des Obersten Gerichtshofes kaum noch anzuwenden.

Aus der OGH-Entscheidung:

Die Rechtsprechung sieht die Härteklausel des § 55 Abs. 2 EheG nur als äußerst selten zum Tragen kommendes Instrument zur Gewährung einer Anpassungsfrist an und lässt demgemäß nur ganz besonders schwerwiegende Umstände als Grund für die Verweigerung des Scheidungsbegehrens gelten. Das Vorliegen eines besonderen Härtefalls ist anhand der gesamten Gegebenheiten des jeweiligen Einzelfalls zu prüfen. Nur eine besondere, über die typischen Scheidungsfolgen hinausgehende Härte ist tatbestandsmäßig.

Die Behauptung der Beklagten, sie werde ihre derzeitige Wohnmöglichkeit mit Auflösung der Ehe verlieren, ist nach den Feststellungen nicht erwiesen. Es ist daher nicht zu unterstellen, dass sie ihr Zimmer im Haus des Bruders des Klägers mit Rechtskraft der Scheidung verlieren wird. Damit ist aber dem darauf aufbauend behaupteten Szenario, sie könne sich keine andere Wohnmöglichkeit leisten und neben der Ablegung von Prüfungen auch keine Wohnung suchen, die Grundlage entzogen. Deshalb bedarf die Rechtsansicht der Vorinstanzen, der Beklagten sei der Nachweis der von der Rechtsprechung geforderten, gegenüber dem Normalfall besonderen Härte nicht gelungen, keiner Korrektur.

OGH 17.12.2019, 3 Ob 225/19p